LG Karlsruhe, Beschl. v. 04.01.2023 – 16 Qs 98/22: Ausnahmsweise sind Audioaufnahmen zulässig

3. Der aufgrund der Ermittlungen wahrscheinliche Tatvorgang ist im Übrigen auch aus Rechtsgründen nicht strafbar. Dem Amtsgericht Maulbronn ist zuzustimmen, dass der Angeschuldigte die Audioaufnahmen nicht „unbefugt“ im Sinne von § 201 Abs. 1 StGB gefertigt

Maßstab hierfür ist nach zutreffender Auffassung indes nicht einmal, ob im engen Sinne ein Rechtfertigungsgrund nach §§ 32, 34 StGB vorliegt. Der Gesetzgeber hat der Rechtsprechung zu § 201 StGB vielmehr ausdrücklich aufgegeben „nach den besonderen Umständen des Falles zu entscheiden, ob das Handeln als nicht tatbestandsmäßig (…) anzusehen ist“ (Reg.Begr. BT-Drs. 7/550, 236). In diesem Zusammenhang ist häufiger als sonst Raum für richterliche Abwägung und Wertung (BGH NJW 1979, 1513 (1514)).

Nach diesem Maßstab ist die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Handlung nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht als tatbestandsmäßig anzusehen.

Der Angeschuldigte sah sich hier regelmäßig strafrechtlichen Vorwürfen und grenzüberschreitendem Verhalten in typischen Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen durch seine Ehefrau ausgesetzt. Ihm kam hierfür jedenfalls keine Alleinverantwortung zu. Der fortdauernde Konflikt mit seiner Ehefrau fand zusätzlich vor dem Hintergrund eines anhängigen Scheidungs- und Sorgerechtsstreits statt. Ausschließlich in diesem Gesamtkontext fertigte der Angeschuldigte die verfahrensgegenständlichen Audioaufnahmen.

Zusätzlich ist das Tatbestandsmerkmal „unbefugt“ i.S.v. § 201 Abs. 1 StGB im Rahmen von fortdauernden Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Personen immer dann besonders restriktiv auszulegen, wenn eine erkennbar in Beweisnot befindliche Person von ihr gefertigte Audioaufnahmen ausschließlich mit den für die Auseinandersetzung jeweils zuständigen Behörden teilt. So liegt der Fall hier.