OLG Hamm, Urt. v. 27.04.2023 – 4 U 247/21: Die Veröffentlichung von drohnengestützen Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützter Werke ist von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG (sog. Panoramafreiheit) nicht gedeckt.

Die Entscheidung im Volltext finden Sie unter: https://t1p.de/clzi9. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

EuGH, Urt. v. 07.08.2018 – C-161/17: Das Urheberrecht an einem Bild im Internet

Der EuGH hat auf eine Vorlagefrage des BGH eine Entscheidung (Rs. C-161/17) zum Urheberrecht getroffen.

A. Der klagende Fotograph hatte den Betreibern einer Internetseite für Reiseberichte ein von ihm erstelltes Foto von Cordoba gegen Entrichtung einer Lizenzgebühr zur Verfügung gestellt. Eine Schülerin fand dieses Bild, kopierte es von dieser Interseite und verwendete es in dem schriftlichen Teil eines Referats. Das Bild war ohne Angaben zum Urheber und ohne Schutzmechnismen (Kopierschutz) versehen. Die Schülerin verwies jedochauf die Fundstelle. Die Schule wiederum stellte diese Ausarbeitung auf die eigene Internetseite. Der Kläger verklagte nun die Stadt als Trägerin der Schule (später ausgeschieden) und das Bundesland als Anstellungskörperschaft auf Unterlassung und Schadensersatz.

B. Es stellte sich u.a. die Frage, ob die betreffende öffentliche Wiedergabe gegenüber einem „neuen“ Publikum erfolgen müsse.

I. Nach einer Überlegung sei das nicht der Fall. Dabei wurde das Einstellen des Bildes und der damit verbundenen Wiedergabe auf einer Internetseite mit dem Verlinken auf die Seite verglichen, auf der sich das Bild ursprünglich befand. Darin sei kein Unterschied zu sehen (EuGH, Urt. v. 13.02.1014 – C-466/12).

II. Eine andere Betrachtung sieht hierin ein „neues“ Publikum. Werde ein Werk – hier Bild – auf einer völlig neuen Internetseite eingestellt bzw. verwendet, läge darin eine „neue öffentliche Wiedergabe“,

weil u. a. der Urheberrechtsinhaber infolge dieser neuen Zugänglichmachung nicht mehr in der Lage sei, die Kontrolle über die ursprüngliche Wiedergabe des betreffenden Werks auszuüben.

Der EuGH schloß sich dem zweiten Ansatz an, weil der Grundsatz bestehe, daß Werke nur mit Zustimmung des Urhebers verwendet werden dürften.

Denn ein solches Einstellen auf eine andere Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe erfolgte, könnte sich dahin auswirken, dass es dem Urheberrechtsinhaber unmöglich oder zumindest erheblich erschwert wird, sein Recht vorbeugender Art auszuüben und zu verlangen, dass die Wiedergabe des Werks beendet wird, gegebenenfalls indem dieses von der Website genommen wird, auf der es mit seiner Zustimmung wiedergegeben worden ist, oder indem die einem Dritten zuvor erteilte Zustimmung widerrufen wird.

Weil sich das Bild nun auf einer anderen Internetseite befindet (Schule), sei das Publikum ein ganz anderes als das, an welches der Urheber bei der Rechteeinräumung gedacht habe (Reiseberichte).

III. Die Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 13.02.1014 – C-466/12) sei hier u.a. auch nicht übertragbar, weil sich das eben genannte Urteil auf sog. Hyperlinks bezog. Die Verlinkung auf das Bild einee Seite sei anders zu bewerten als das Kopieren und Einstellen auf der Internetseite.

Bei einer … Wiedergabe in der Gestalt der Einfügung eines Hyperlinks auf einer Website, der auf ein zuvor mit der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers wiedergegebenes Werk verweist, ist der vorbeugende Charakter der Rechte des Rechteinhabers gewahrt, da der Urheber sein Werk, wenn er es auf der betreffenden Website nicht mehr wiedergeben möchte, von der Website entfernen kann, auf der er es ursprünglich wiedergegeben hat, wodurch jeder Hyperlink, der auf es verweist, hinfällig wird. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens hingegen führt die Einstellung eines Werks auf eine andere Website zu einer neuen, von der ursprünglich genehmigten Wiedergabe unabhängigen Wiedergabe. Infolge dieses Einstellens könnte das betreffende Werk auf der letztgenannten Website weiterhin zugänglich sein, unabhängig von der vorherigen Zustimmung des Urhebers und unbeschadet jeder Handlung, mit der der Rechteinhaber beschlösse, sein Werk auf der Website, auf der es ursprünglich mit seiner Genehmigung wiedergegeben worden ist, nicht mehr wiederzugeben.

Um Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte daher stets der Urheber eruiert und befagt werden. Alles andere kann bei ungefragter Nutzung abmahnträchtig sein.

Urheberrechtsverletzung durch Veröffentlichen von Bildern in einer Facebookgruppe

Das LG München I, Urt. v. 31.01.2018 – 37 O 17964/17 – mußte sich mit der Frage beschäftigen, ob es eine Urheberrechtsverletzung darstellt, wenn Fotos in einer Ausstellung abfotografiert werden und diese dann bei einer Facebookgruppe eingestellt werden.

Hintergrund ist eine Austellung zu einem unaufgeklärten Kriminalfall aus Bayern. Dort wurde 1922 eine Familie durch eine unbekannte Person erschlagen. Eine Vielzahl von Personen – u.a. auch die Verfügungskläger – beschäftigen sich mit diesem Fall (Hinterkaifeck). Die Verfügungskläger richteten in einem Museum eine Ausstellung darüber ein. Die Verfügungsbeklagte besuchte diese Ausstellung, fertigte Fotos und veröffentlichte diese in ihrer Facebookgruppe.

Bei der Ausstellung handele es sich um ein Sammelwerk iSv. § 4 Abs. 1 UrhG, bestehend aus zusammengetragenen Fotos, Texten in einer bestimmten Auswahl, Anordnung.

Das Einstellen der Bilder der abfotografierten Exponate stelle eine Urheberrechtsverletzung dar, da diese einer Öffentlichkeit gem. § 15 Abs. 3, § 19a UrhG zugänglich gemacht worden seien.

Daß die Facebookgruppe nur 400 Mitglieder habe, stehe dem Begriff der „Öffentlichkeit“ gem. § 15 Abs. 3 UrhG nicht entgegen.

denn der Zugang zur Gruppe wird von der Antragsgegnerin auch ihr gänzlich unbekannten Personen freigegeben, wobei sie allenfalls nach dem konkreten Interesse des Beitretenden fragt. Dies ergibt sich aus den Erfahrungen des Prozessbevollmächtigten der Verfügungskläger und der Verfügungsklägerin zu1). Von einem engen gegenseitigen Kontakt, der auch angesichts der Gruppenstärke ausgeschlossen erscheint, ist daher nicht auszugehen. Das Posten der Fotografien in der Gruppe reicht daher als öffentliche Zugänglichmachung aus.

Die Rechtsverletzung bei Sammelwerken wie dem hier vorliegenden beurteilte das LG München I wie folgt:

Eine Urheberrechtsverletzung an einem Sammelwerk ist anzunehmen, wenn das als rechtsverletzend beanstandete Werk diejenigen Strukturen hinsichtlich der Auslese und Anordnung des Stoffes enthält, welche die Sammlung von Werken und Beiträgen als eine persönliche geistige Schöpfung i. S. des § 4 UrhG ausweisen (BGH GRUR-RR 2012, 325). Der Verfügungsbeklagten mag es also möglicherweise nicht gänzlich verwehrt sein, einzelne Fotografien von ihrem Ausstellungsbesuch innerhalb der Facebookgruppe zu teilen. Wenn jedoch die Kombination der übernommenen Beiträge besondere Strukturen in deren Auslese und Anordnung aufweist und das Gewebe der persönlichen geistigen Schöpfung des Sammelwerkes erkennen lässt, kann eine Beeinträchtigung des Urheberrechts an einem Sammelwerk i. S. des § 4 UrhG angenommen werde

Die Auswahl der Exponate geht folglich nahezu vollständig aus den Fotografien hervor. Aber auch ihre Anordnung lassen die Fotografien erkennen.

Einzelne Bilder hätte sie also in der Gruppe einstellen können. Da sie hier jedoch nahezu alles fotografiert und eingestellt hat, wurde quasi die gesamte Ausstellung von ihr digitalisiert und so in die Gruppe eingestellt.