Das LG München I, Urt. v. 31.01.2018 – 37 O 17964/17 – mußte sich mit der Frage beschäftigen, ob es eine Urheberrechtsverletzung darstellt, wenn Fotos in einer Ausstellung abfotografiert werden und diese dann bei einer Facebookgruppe eingestellt werden.
Hintergrund ist eine Austellung zu einem unaufgeklärten Kriminalfall aus Bayern. Dort wurde 1922 eine Familie durch eine unbekannte Person erschlagen. Eine Vielzahl von Personen – u.a. auch die Verfügungskläger – beschäftigen sich mit diesem Fall (Hinterkaifeck). Die Verfügungskläger richteten in einem Museum eine Ausstellung darüber ein. Die Verfügungsbeklagte besuchte diese Ausstellung, fertigte Fotos und veröffentlichte diese in ihrer Facebookgruppe.
Bei der Ausstellung handele es sich um ein Sammelwerk iSv. § 4 Abs. 1 UrhG, bestehend aus zusammengetragenen Fotos, Texten in einer bestimmten Auswahl, Anordnung.
Das Einstellen der Bilder der abfotografierten Exponate stelle eine Urheberrechtsverletzung dar, da diese einer Öffentlichkeit gem. § 15 Abs. 3, § 19a UrhG zugänglich gemacht worden seien.
Daß die Facebookgruppe nur 400 Mitglieder habe, stehe dem Begriff der „Öffentlichkeit“ gem. § 15 Abs. 3 UrhG nicht entgegen.
denn der Zugang zur Gruppe wird von der Antragsgegnerin auch ihr gänzlich unbekannten Personen freigegeben, wobei sie allenfalls nach dem konkreten Interesse des Beitretenden fragt. Dies ergibt sich aus den Erfahrungen des Prozessbevollmächtigten der Verfügungskläger und der Verfügungsklägerin zu1). Von einem engen gegenseitigen Kontakt, der auch angesichts der Gruppenstärke ausgeschlossen erscheint, ist daher nicht auszugehen. Das Posten der Fotografien in der Gruppe reicht daher als öffentliche Zugänglichmachung aus.
Die Rechtsverletzung bei Sammelwerken wie dem hier vorliegenden beurteilte das LG München I wie folgt:
Eine Urheberrechtsverletzung an einem Sammelwerk ist anzunehmen, wenn das als rechtsverletzend beanstandete Werk diejenigen Strukturen hinsichtlich der Auslese und Anordnung des Stoffes enthält, welche die Sammlung von Werken und Beiträgen als eine persönliche geistige Schöpfung i. S. des § 4 UrhG ausweisen (BGH GRUR-RR 2012, 325). Der Verfügungsbeklagten mag es also möglicherweise nicht gänzlich verwehrt sein, einzelne Fotografien von ihrem Ausstellungsbesuch innerhalb der Facebookgruppe zu teilen. Wenn jedoch die Kombination der übernommenen Beiträge besondere Strukturen in deren Auslese und Anordnung aufweist und das Gewebe der persönlichen geistigen Schöpfung des Sammelwerkes erkennen lässt, kann eine Beeinträchtigung des Urheberrechts an einem Sammelwerk i. S. des § 4 UrhG angenommen werde
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Die Auswahl der Exponate geht folglich nahezu vollständig aus den Fotografien hervor. Aber auch ihre Anordnung lassen die Fotografien erkennen.
Einzelne Bilder hätte sie also in der Gruppe einstellen können. Da sie hier jedoch nahezu alles fotografiert und eingestellt hat, wurde quasi die gesamte Ausstellung von ihr digitalisiert und so in die Gruppe eingestellt.