Eine häufig vorkommende Situation ist, daß Eltern Fotos, Videos usw. ihrer Kinder ins Internet (soziale Netzwerke) stellen. Im Regelfall machen sie sich darum keine Gedanken. Dies ist in Teilen bedenklich und kann zu Problemen führen, wenn z.B. die Eltern getrenntleben und die Kinder durch einen der Elternteile oder dessen neuen Partner oder Partnerin fotografiert oder gefilmt und diese Aufzeichnungen bzw. Aufnahmen ins Internet gestellt werden, wie im Fall des OLG Düsseldorf.
Die Mutter der Kinder stellte fest, daß die Mädchen von der neuen Freundin (zukünftig Freundin) fotografiert und diese Bilder ins Netz gestellt wurde, ohne daß seitens der Kindesmutter hierfür eine Zustimmung gem. § 182 BGB bzw. Einwilligung gem. 183 BGB vorlag. Eine Genehmigung gem. § 183 BGB erteilte sie nicht.
Ausgangspunkt ist zunächst die Frage, welche Auswirkungen es für die Kinder haben kann, wenn Bilder von ihnen ins Netz gestellt werden. Denn wenn die Auswirkungen gering sind, könnte darüber nachgedacht werden, daß es der Zustimmung durch die Mutter nicht bedarf.
Das öffentliche Teilen der Bilder bei Facebook und bei Instagram und ihre Einstellung auf der Webseite, um deren rechtliche Abwehr es geht, hat schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Das ergibt sich aus der Tragweite der Verbreitung von Fotos in digitalen sozialen Medien unter Berücksichtigung der hiervon betroffenen Privatsphäre der Kinder und des gebotenen Schutzes ihrer Persönlichkeit. Der Personenkreis, dem die Fotos auf diese Weise zugänglich gemacht werden, ist unbegrenzt. Ihre Weiterverbreitung ist kaum kontrollierbar. Eine verlässliche Löschung der Bilder ist nicht möglich (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 02.11.2016, JAmt 2017, 27, 30). Die Kinder werden mit diesen Abbildungen aus ihrer Kindheitszeit potenziell für immer seitens eines unbeschränkten Personenkreises konfrontiert sein. Das tangiert spürbar die Integrität ihrer Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre. Damit ist die Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB erreicht.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.07.2021 – 1 UF 74/21
Egal, ob die Eltern zusammen- oder getrenntleben, sie sollten generell nicht allzu sorglos Fotos „der Kleinen“ ins Netz stellen. Davon abgesehen sollten sie sich einigen, ob und wenn ja, welche Bilder ins Netz gestellt werden. Dies folgt aus §§ 1626, 1627 BGB.
Mangels Zustimmung verlangte die Mutter, die Bilder zu löschen, was die neue Freundin nicht tat und der Vater lehnte es ab, auf seine neue Freundin einzuwirken. Da sich die Eltern also nicht gem. §§ 1626, 1627 BGB einigen konnten, mußte deshalb das Gericht gem. § 1628 BGB eine Entscheidung treffen.
Aufgrund der oben dargestellten Auswirkungen war eine Zustimmung der Mutter erforderlich. An der es eben fehlte.
Das Erfordernis einer Einwilligung auch der Kindesmutter in die Veröffentlichung der Fotos ergibt sich zum einen aus der Norm des § 22 KunstUrhG. Diese knüpft die Rechtmäßigkeit der Verbreitung eines Bildes des Kindes jedenfalls an die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.07.2021 – 1 UF 74/21
Zum anderen folgt das Einwilligungserfordernis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO. Die Verwendung von Fotografien unterfällt den Gewährleistungen der DSGVO (MünchKommBGB/Rixecker, BGB, 8. Auflage, Anhang zu § 12 Rn. 156). Der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO erfordert die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern als Träger der elterlichen Verantwortung.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.07.2021 – 1 UF 74/21
Ergänzend führte das Gericht aus:
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Kinder in die Bildveröffentlichung einwilligen. Eine solche Einwilligung würde nämlich nichts daran ändern, dass die erforderliche Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile in die Bildverbreitung fehlt.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.07.2021 – 1 UF 74/21