BVerwG – 3 C 7.16: Keine Kostenerstattung des Tierschutzvereins bei Fundtieren

In einer Grundsatzentscheidung (BVerwG – 3 C 7.16) ging es um die Frage, ob ein Tierschutzverein von der Gemeinde die Kosten für die Unterbringung usw. erstattet verlangen kann. Hintergrund war, daß insgesamt neun Katzen beim Verein abgegeben wurden, dieser die Tiere unterbrachten und veterinärmedizinisch behandeln ließ (ca. 3.000,00 €). Die Kosten machte der Verein gegenüber der Gemeinde geltend.

Zwar hatte hier das VG München den Anspruch aus öffentlich-rechtlicher GoA bejaht. Jedoch jedoch folgte dem der VGH Bayern nicht und das BVerwG verneit im Grundsatz ebenso einen Anspruch auf Kostenerstattung.

A. Tiere gelten rechtlich als Sachen. Die gesetzlichen Regelungen sind auf sie entsprechend anwendbar. Somit gilt auch hier das Fundrecht (§§ 965 ff. BGB).

Das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 965 ff. BGB) zielt in erster Linie darauf, der Gefahr eines dauerhaften Verlustes von Sachen zu begegnen. Es soll dazu beitragen, dass eine verlorene Sache alsbald unversehrt zurückgegeben werden kann. Den Finder einer verlorenen Sache trifft deshalb eine Anzeige- und Verwahrungspflicht (§§ 965, 966 Abs. 1 BGB).

Dem gegenüber steht u.a. die Aufgabe der Fundbehörde, die Rückgabe der Sache zu vermitteln.

B. Finder iSv. § 965 BGB ist, wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt. Erst das Ansichnehmen begründet das gesetzliche Schuldverhältnis, das den Finder zur Verwahrung verpflichtet. Finder kann auch der sein, der die Fundsache am Fundort aufnimmt und an einen anderen Ort verbringt (Tierheim). Durch diese Verhaltensweisen wird die tatsächliche Gewalt über die Sache willentlich ausgeübt und sie so „an sich genommen“. Daß die Finder der Tiere diese nur abgeben und keine Verantwortung übernehmen wollten, änderte nichts daran, daß zwischen ihnen und dem Eigentümer ein Schulverhältnis entstand.

C. Aus dem Fund entsteht beim Finder eine Verwahrpflicht. Diese

beruht im Ausgangspunkt auf einer freien Entscheidung des Finders und kann durch Ablieferung bei der zuständigen Behörde beendet werden.

Es

ist Aufgabe des Finders, die Fundsache zu verwahren (§ 966 Abs. 1 BGB). Allerdings hat er das Recht, die Sache an die zuständige Behörde abzuliefern (§ 967 BGB). Mit der Ablieferung der Fundsache endet die Verwahrungspflicht des Finders (§ 966 Abs. 1, § 975 Satz 1 BGB) und entsteht eine Verwahrungspflicht der Fundbehörde.

Der Finder soll mit dem Recht, die Fundsache bei der Fundbehörde abzuliefern, die Möglichkeit haben, sich von seiner Verwahrungspflicht zu befreien und diese auf die Fundbehörde überzuleiten.

D. Das bedeutet also aus Sicht des BVerwG, wer ein Fundtier „findet“, sollte entweder nur den Tierschutzverein informieren oder das Tier bei der zuständigen Gemeinde abgeben, wenn er das Tier nicht selbst verwahren möchte, nachdem er dies entsprechend der Behörde gemeldet hat.

Eine Unterbringung bei sich selbst wäre zwar möglich. Dazu

gehört allerdings eine den tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprechende Unterbringung und Versorgung. Er ist verpflichtet, das Tier zu betreuen, und hat es nach dessen Bedürfnissen angemessen zu pflegen (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Handelt es sich um ein krankes oder verletztes Tier, so kann die notwendige Pflege und gegebenenfalls tierärztliche Behandlung seiner Ablieferung im Sinne der Übergabe an die Fundbehörde entgegenstehen. In einer solchen Notsituation entspricht es Sinn und Zweck des Rechts auf Ablieferung, auf die unmittelbare Übergabe an die Fundbehörde zu verzichten; insoweit muss ausreichen, die Fundbehörde über den Fund (§ 965 Abs. 2 BGB) und die Hinderungsgründe für die Ablieferung unverzüglich zu unterrichten und sie dadurch in die Lage zu versetzen, über die weitere Verwahrung des Tieres zu entscheiden.

Das BVerwG sieht, daß es zu Verzögerungen kommen kann, wenn das Tier nicht gleich zum Tierschutzverein gebracht wird, sondern erst zur Fundbehörde.

Der Umweg, der mit der Ablieferung an die Fundbehörde verbunden sein mag, ist jenseits tierschutzrechtlicher Hinderungsgründe hinzunehmen. Er findet seine Rechtfertigung in der im Fundrecht angelegten klaren Abgrenzung der Verantwortlichkeiten von Finder und Fundbehörde und der Organisationshoheit der Fundbehörde, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Fundbehörden sind zwar regelmäßig nicht darauf eingerichtet, Fundtiere selbst in Verwahrung zu nehmen. Es bleibt daher unverändert zweckmäßig, Tierschutzvereine oder andere geeignete Einrichtungen mit der Verwahrung aufgefundener Tiere zu beauftragen, wie dies vielfach im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen geschieht und empfohlen wird. Es bleibt den Fundbehörden aber auch unbenommen, sich anderweitig zu organisieren.

E. Das Gericht weist darauf hin, daß sich die Fundbehörde nicht weigern kann, die Tiere anzunehmen. Dies entspreche auch dem Gedanken des sog.  Gläubigerverzug gem. § 295 BGB.

F. Folge

I. Das BVerwG hat in mehreren Entscheidungen (3 C 5.16, 3 C 6.16, 3 C 7.16, 3 C 24.16) Stellung zur Kostenübernahmen bei Fundtieren genommen. Dabei ging es um die Kostenübernahmenforderungen eines Tierschutzvereins gegenüber einer Gemeinde und der Kostenübernahmeforderung einer Gemeinde gegenüber dem Landkreis (3 C 24.16).

II. Grundsätzlich sind die örtlichen Ordnungsbehörden für Fundtiere zuständig. Es kann zwar zu Überschneidungen zwischen der Fundbehörde mit der Unteren Tierschutzbehörde (Landkreis oder kreisfreie Stadt) kommen, jedoch bleibt es zuächst dabei, daß die Fundbehörde im eigenen Aufgabenkreis agiert, wenn sie ein Fundtier aufnimmt (BVerwG 3 C 24.16).

III. Finder ist immer derjenige, der das Tier auffindet und es verbringt.

1. Dabei sollte es grundsätzlich zur Fundbehörde gebracht werden, nicht zum Tierschutzverein. Dies folgt daraus, daß dieser eventuell entstehende Kosten nicht zwingend erstattet bekommt (3 C 5.16, 3 C 6.16, 3 C 7.16).

2. Ausnahmsweise kann es sofort zum Tierschutz gebracht werden, wenn es verletzt oder erkrankt ist. Dann sollte die Fundbehörde jedoch darüber informiert werden.

3. Die Fundbehörde kann die Annahme des Tieres nicht verweigern.

 

Ein Zaun zur Abwehr von Wölfen ist nur bei einer entsprechenden Gefahr zu errichten

Nds. OVG, Beschluss vom 17.01.2018 – 11 ME 448/17

Dem Anstragssteller wurde in einer Verfügung aufgegeben, einen entsprechenden wolfsabwehrenden Zaun zu benutzen, nachdem zwölf seiner Schafe gerissen wurden. Dabei waren sich jedoch alle Beteiligten einig, daß es kein Wolfsriß gewesen sein konnte. Dennoch erließ der Antragsgener (Behörde) eine entsprechende Verfügung.

Rechtsgrundlage für die Verfügung war § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 i. V. m. § 2 Nr. 1 TierSchG.

Voraussetzung war jedoch das Vorliegen eine Gefahrenlage für die Schafe. Zwar wurden diese gerissen. Es gab jedoch keine Hinweise auf die Verursacher.

Zur Annahme einer erneuten Gefahr bedürfte es hier aber zunächst gesicherter Erkenntnisse darüber, woran die Schafe des Antragstellers konkret gestorben sind. Denn nur unter Berücksichtigung der Todesursache könnte verlässlich ermittelt werden, welche Maßnahmen erforderlich sind, um zukünftige vergleichbare Rechtsgutbeeinträchtigungen – ein Verenden anderer, vom Antragsteller gehaltener Schafe – zu verhindern. Vorliegend konnte die Ursache für den Tod der Schafe jedoch nicht identifiziert werden. Die Beteiligten haben diesbezüglich zwar jeweils Vermutungen geäußert, allerdings sind diese Vermutungen nicht durch fundierte, nachvollziehbare Erkenntnisse gesichert und widersprechen sich teilweise.

Folglich fehlen auch ausreichende Anhaltspunkte, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit annehmen zu können, dass die von dem Antragsteller gehaltenen Schafe in absehbarer Zeit (erneut) von einem Hund oder einem Fuchs angegriffen und getötet werden und dies durch die Errichtung eines wolfsabweisenden Zaunes verhindert werden könnte.

Aus diesem Grund war dieser Teil der Verfügung rechtswidrig.