OLG Celle – 2 O 199/17 – zur Schadensminderungspflicht des Unfallgeschädigten

Gegenstand der Entscheidung des OLG Celle – 2 O 199/17 -war die Frage, ob ein geschädigter Unfallbeteiligter aus eigenen Mitteln die Kosten des Mietwages und der Reparatur zunächst vorstrecken muß oder ob er sich gleich an den Verursacher wenden kann.

I. Mietwagenkosten
Unter Berufung auf die Rechtsprechung mehrerer anderer Oberlandesgerichte und auch des BGH verneinte dies das OLG Celle. Grundsätzlich

kann eine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen, nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Die Rechtsprechung hat eine solche Pflicht nur ausnahmsweise bejaht. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden [einen] Kredit aufzunehmen.

Allenfalls kann eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen, ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird.

Angesichts der geringen Rente (800,00 €/Monat) war es aus Sicht des Gerichts dem Geschädigten dies jedoch nicht zumutbar.

Die Kosten berechnete das Gericht nach dem sog. Normaltarif, der nach dem arithmetischen Mittel von „Schwacke“ und „Fraunhofer“ gem. § 287 ZPO geschätzt wird.

Weiterhin erstattet bekam er die Kosten für die Zustellung und Abholung des Ersatzfahrzeugs.

II. Reparaturkosten
Sodann ging es um die Frage, ob der Geschädigte seine Vollkaskoversicherung hätte in Anspruch nehmen müssen, um die Schäden ersetzt zu bekommen.

Auch hier bezieht sich das OLG Celle auf bereits ergangene Entscheidungen u.a. OLG Naumburg, Urt. v. 15.06.2017 – 9 U 3/17 – und stellte fest, daß es

weder eine Obliegenheit, noch eine Pflicht des Geschädigten besteht, zur Entlastung des Schädigers seine Vollkaskoversicherung einzusetzen (OLG Dresden, Urteil vom 04.05.2012, 1 U 1797/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2007, 1 U 52/07). Sinn und Zweck der Kaskoversicherung sei gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Der Versicherungsnehmer einer Vollkaskoversicherung erkaufe sich den Versicherungsschutz vielmehr für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibe.

Versicherungsleistungen, die sich ein Geschädigter durch die Zahlung der Versicherungsprämien selbst „erkauft“ habe, könnten dem Schädiger nicht im Wege der Vorteilsausgleichung zugute kommen (BGH, Urteil vom 12.03.2009, VII ZR 88/08).

III. Sonstige Kosten

Weiterhin konnte der Geschädigte die Reduzierung der Selbstbeteiligung ersetzt verlangen.